Der Inn ist über viele Jahrhunderte stark beeinflusst und verändert worden. Die langjährige Nutzung des Flusses hat seine ökologische Qualität beeinträchtigt: er wurde kanalisiert, eingezwängt und gestaut. Das hat dazu geführt, dass von dem einstigen Wildfluss mit Umlagerungsstrecken, ausgedehnten Auwäldern und großem Artenreichtum heute kaum noch etwas übriggeblieben ist. Weniger als 38 Prozent der gesamten Fließstrecke des Inn werden heute als naturnah oder ökologisch intakt beurteilt.
Verbauung und Begradigung
Die Begradigung und Verbauung des Inn führt zu monotonen Ufern und verschlammten Gewässersohlen, die die Lebensbedingungen für Tiere und Pflanzen verschlechtern. Während naturnahe Flussauen oftmals ein Mosaik aus Auwäldern, Tümpeln, Kies- und Sandinseln sowie Flach- und Steilufern mit einer entsprechenden Artenvielfalt hervorbringen, sind derartige Lebensräume am Inn heute rar. Darüber hinaus führt die starke Besiedelung und die Nutzung durch Land- und Forstwirtschaft, aber vor allem durch Verkehrs- und Gewerbeflächen, dazu, dass sich der Druck auf die flussnahen Bereiche des Inn erhöht.
Dabei wirken sich die Unterbrechungen im Flussverlauf durch Verbauungen genauso wie durch Wasserkraftwerke zusätzlich nachteilig auf die Lebensbedingungen und das Überleben von Fischen und anderen Wasserorganismen aus. Denn diese leben nicht nur im Inn, sondern nutzen ihn auch als Wanderachse, um zwischen verschiedenen Laichplätzen und Nahrungsrevieren zu wechseln. Ist der Flusslauf durch Verbauungen unterbrochen, wird das Wandern für viele Arten, die darauf angewiesen sind, nicht mehr möglich.
Der Einfluss der Wasserkraft
Weiterer negativer Einfluss auf den Inn entsteht durch die zunehmende Energiegewinnung aus Wasserkraft, die im Alpenraum die wichtigste erneuerbare Energiequelle darstellt. Am gesamten Inn stehen heute 24 Wasserkraftwerke – weitere sind in Planung. Dabei bedeutet jedes Wasserkraftwerk schwerwiegende Eingriffe in die Natur. Sie beeinträchtigten einen Fluss gravierend und haben massive Folgen für sein Ökosystem und den gesamten Wasserhaushalt. Ein aufgestauter Fluss kann nicht mehr frei fließen, verliert seine Dynamik und sein natürliches Landschaftsbild. Weil sich die Abfluss- und Geschiebeverhältnisse an den betroffenen Strecken grundlegend verändern, verliert der Fluss auch seine Eignung als Lebensraum für oftmals spezialisierte und bedrohte Tiere und Pflanzen. All das trifft auch auf den Inn zu. Darüber hinaus sind von seinen natürlichen Auwäldern heute nur mehr Reste erhalten – die meisten davon im obersten Flussabschnitt in der Schweiz. Und auch die sandig-kiesigen, offenen Uferstrecken und Inseln gehen im Verlauf des Flusses stetig zurück. In Bayern finden sich derartige Standorte nur noch in der Restwasserstrecke Töging oder bei neu gestarteten Restrukturierungen entlang der Staustufen.
Nach Angaben einer Studie des WWF aus dem Jahr 2015, bei der erstmals der gesamte Inn von seinem Ursprung bis zur Mündung untersucht wurde, wird sein ökologischer Zustand insbesondere flussabwärts zunehmend schlecht bewertet. Hier verändern die Staustufen und die damit verbundene Ausleitung von Wasser den Charakter des Flusses und führen zu einem Mangel an Sand, Schotter und Steinen und darüber hinaus zu einer Eintiefung des Gewässers. Durch die Isolation des Hauptflusses von der Au durch Dämme und Uferverbauungen zerfällt das Flussökosystem in Einzelteile und verliert an Dynamik und Leben.
Wasserqualität
Prinzipiell weist der Inn relativ sauberes Wasser auf, was unter anderem dem Zufluss aus Gebirgsquellen zu verdanken ist, in denen das Niederschlagswasser bei der Sickerung durch das Gestein natürlicherweise gefiltert wird. Der Gletscherabfluss, der im Frühjahr vom zentralen Alpenraum ausgeht, verursacht dabei Gesteinsabrieb, der für die graue Verfärbung des Inn sorgt, was allerdings keine schlechtere Gewässerqualität bedeutet. Die Daten der Bestandsaufnahme der Wasserrahmenrichtlinie liefern in Deutschland und Österreich Angaben zur biologischen Gewässergüte. In Tirol fällt der Inn größtenteils in die Stufe II der biologischen Gewässergüte (mäßig verunreinigt / mäßig belastet). Nur auf einer Strecke von rund 4 km nach der Mündung der Sanna bis knapp oberhalb der Mündung des Gurglbaches beträgt die Gewässergüte I – II (gering belastet). In Deutschland ist die gesamte Strecke als mäßig belastet (Stufe II) eingestuft. Gleiches gilt für den Abschnitt im Grenzbereich Deutschland/Oberösterreich.