Die Quelle des Inn findet sich im schweizerischen Kanton Graubünden. Dort wird er schlicht „En“ genannt – weshalb er auch namensgebend für das Hochtal Engadin war, aus dem er in 2.484 Meter Höhe am Lunghinsee bei Maloja entspringt. Von dort stürzt er als kleiner Bergbach fast 700 Meter ins Tal, wo er in den Silsersee mündet. Auf seinem weiteren Weg durchfließt der Inn den Silvaplaner-/Champfèrersee sowie den Moritzersee. Im Bereich der Gemeinde Samedan mündet der Flaz in den Inn, der große Mengen an Schwebstoffen aus dem Berninamassiv in den Inn einträgt. Im Unterengadin durchfließt er dann mit deutlich stärkerem Gefälle mehrere Schluchten. Durch die Ableitung großer Teile seiner Abflüsse zur Energiegewinnung hat der Wildfluss hier stellenweise wieder den Charakter eines kleinen Bergbachs. Bei der Festung Finstermünz im Gemeindegebiet von Nauders passiert der Inn die schweizerisch-österreichische Grenze und durchquert dann in Südwest-Nordost-Richtung das Bundesland Tirol.
Vom Quellgebiet beim Lunghinpass bis zur Grenze bei Vinadi misst der Inn 104 km; sein Einzugsgebiet umfasst hier rund 2150 km2. Die Wassermenge des Inns wird durch die Wasserfassungen bei Schanf und Scuol-Martina sowie durch mehrere Wasserfassungen in den Seitentälern vermindert und ist vor allem im Winter äußerst gering.
Aktueller Zustand
Viele Abschnitte des schweizerischen Inn sind heute durch Verbauungen beeinträchtigt, die allerdings durch Revitalisierungen wieder in einen naturnäheren Zustand versetzt werden sollen. So wird der Oberlauf von St. Moritz bis ins österreichische Tirol fast durchgehend von Ausleitungskraftwerken mit Schwallbetrieb genutzt. Der Inn selbst führt hier über weite Strecken nur noch eine Restwassermenge. Zudem entsteht mit dem Gemeinschaftskraftwerk Inn (GKI) am Oberen Inn im schweizerisch-österreichischen Grenzgebiet bei Ovella derzeit das größte, seit vielen Jahren im Alpenraum neu gebaute Laufwasserkraftwerk. Als Ausgleichsmaßnahme soll deshalb ein Revitalisierungsprojekt im Ober- und Unterengadin in der Aue Panasch einem Altarm wieder zu ganzjährigem Wasserfluss verhelfen und neue Kiesinseln schaffen. Der Auencharakter in der Ischla da Strada beispielsweise wurde mit dem Rückzug des Kieswerks und einer großflächigen Renaturierung bereits 2001 wiederhergestellt. Auch die Aue bei Bever wurde kürzlich revitalisiert.
Trotz der jahrhundertelangen Veränderung des Inn durch menschlichen Einfluss finden sich auch heute noch am Tiroler und Schweizer Inn einige der wenig verbliebenen ursprünglichen Auengebiete. Andere Auengebiete wurden revitalisiert, nachdem Verbauungen, Wasserkraftnutzung und damit verbundene Restwasserregime die Dynamik der ehemaligen Innauen stark eingeschränkt haben. Die revitalisierten Abschnitte des Inn bei Bever, zwischen Sent und Ramosch (Aue Panasch), und bei Strada (Aue Strada) geben diesen wertvollen Lebensräume einen Teil ihrer Dynamik zurück. Die Auen sind in der Schweiz gemäß dem Naturschutzgesetz geschützte Lebensräume. Die Innauen sind mit nationaler, regionaler und lokaler Bedeutung alle im Aueninventar der Schweiz aufgeführt. Weitere Schutzgebiete sind die Smaragdgebiete God da Staz, Ardez und Ramosch, die in unmittelbarer Nähe zum Inn liegen. Heute zählen diese Auengebiete zu den Hotspots der Artenvielfalt und bilden die letzten verbliebenen Abschnitte einer bedeutenden Naturlandschaft.
Flora und Fauna
Weitere wertvolle Lebensräume am Schweizer Inn bilden Grauerlenauen und Kiesinseln mit Ruderalflora. Auch bei Hochwasser schafft der Inn in den Auengebieten immer wieder neue Lebensräume, aus denen sich Kiesinseln und ein Mosaik von feuchten und trockenen Standorten auf kleinstem Raum bilden. Hier gedeihen geschützte Arten wie die Bach-Gänsekresse, der Bunte Schachtelhalm, das Schuppenried oder das Rosmarin-Weidenröschen. Auch seltene Insektenarten wie die Speer-Azurjungfer oder Eintagsfliegen bewohnen die Auen, während Erdkröten die neu entstehenden Tümpel zum Laichen nutzen.
Der Oberlauf des Inn in den Alpen ist der Forellenregion zuzuordnen, in der die beiden Leitfischarten Bachforelle und Äsche vorkommen, wobei auch hier der Erhaltungszustand der Äsche generell als unbefriedigend eingestuft wird. Trotzdem gilt die Äschenpopulation im Inn als die am höchsten gelegene Europas und ist dank ihrer Populationsstärke von nationaler Bedeutung. So findet man am Inn sogar einen speziellen Typen der „Inn-Äsche“, der nur hier vorkommt und von besonders hoher ökologische Bedeutung ist. Von den ursprünglich mehr als 30 Fischarten im Tiroler Inn kommen heute nur mehr die Bachforelle, die Äsche, die Koppe und die Regenbogenforelle häufiger im Flusssystem vor, wobei auch bei diesen Arten bestandsstützende Maßnahmen, wie das Aussetzen von Eiern oder Kleinfischen, durchgeführt werden.
Seit dem Frühjahr 2008 bewohnt außerdem auch der Biber die Aue Scuol-Pradella. Bei den regional vorkommenden wasserbegleitenden Vogelarten ist der Flussuferläufer zu erwähnen, der in allen Auengebieten präsent ist. Mitunter brüten auch Wasseramsel, Bergstelze und Stockente im Gebiet. Charakteristisch für diese Gewässerlebensräume sind strömungsliebende und an die kühlen Temperaturen angepasste Organismen.
Darüber hinaus verfügt der Inn in der Schweiz auch über sogenannte „Perlenabschnitte“. Dabei handelt es sich um seltene Flüsse und Bäche, die einen besonders wertvollen Lebensraum für Tiere und Pflanzen darstellen und damit einen hohen ökologischen Wert aufweisen. Gemeinsam mit Expert*innen hat der WWF 64 dieser Gewässerperlen ausgewiesen. Die Perlen-Abschnitte des schweizerischen Inn sind größtenteils Auengebiete von nationaler Bedeutung – Ramosch-Panasch liegt zusätzlich in dem Gebiet Piz Arina, die daher schon verhältnismäßig gut geschützt sind. Im Sommer, hauptsächlich bei Spitzenhochwasser im Juni, werden die Flächen partiell überschwemmt, im Winter bei geringem Abfluss nimmt hingegen das Algenwachstum und die Verfestigung der Gewässersohle enorm zu.