Grenzüberschreitende Zusammenarbeit für den Inn
„INNsieme“ – das leitet sich ab von dem italienischen Wort „Insieme“, das so viel wie „zusammen“ bedeutet. Wir haben dieses Wort um ein zusätzliches „N“ ergänzt – denn wir wollen uns gemeinsam für einen lebendigen Inn einsetzen.
Im Juli 2019 fiel der Startschuss für das Interreg-Projekt INNsieme. Mit der länder- und sektorenübergreifenden Artenschutz-Initiative soll nun erstmals konkret auf die grenzüberschreitenden Besonderheiten und Anforderungen im Gewässerschutz reagiert werden, damit die notwendigen Schutzmaßnahmen nicht durch Ländergrenzen beschränkt werden. Auf diese Weise können auch andere Flüsse mit ähnlichem Charakter von den neu gewonnenen Projekterkenntnissen profitieren.
Dafür haben sich das Land Tirol, die Universität Innsbruck, die Verbund Innkraftwerke GmbH, die Innwerk AG und die Österreichisch-Bayerischen Kraftwerke AG mit dem WWF Österreich zusammengeschlossen, um in Umsetzung der Europäischen Strategie für den Alpenraum (EUSALP) gemeinsame Lösungen für einen nachhaltigen Schutz des Inn zu erarbeiten. Zusätzlich haben sich der Initiative mehr als ein Dutzend weitere unterstützende und assoziierte Partner angeschlossen.
Ein Aktionsplan für den Inn
Innerhalb einer Projektlaufzeit von drei Jahren soll aus dieser Zusammenarbeit ein grenzüberschreitender Aktionsplan für den Habitat- und Artenschutz am Inn hervorgehen, damit der Dreiländerfluss bis zum Jahr 2030 wieder seine Funktion als Lebensader für Pflanzen, Tiere und Menschen voll entfalten kann. Dafür wird ein ganzheitliches Leitbild für den Inn entwickelt, das einen Idealzustand definiert, in dem der Inn als lebendiges Ökosystem voll funktionsfähig ist und die Lebensraumbedingungen den spezialisierten Anforderungen der beheimateten Arten entsprechen. Damit verbunden ist auch die Definition von geeigneten Handlungsempfehlungen, die bereits bestehende negative Einflüsse auf den Alpenfluss mildern und die Lebensbedingungen für Flora und Fauna verbessern. Auf diese Weise soll der Aktionsplan aufzeigen, an welchem Streckenabschnitt des Inn welche Maßnahme für welchen Zweck umgesetzt werden müssen und bietet damit wertvolle Orientierung für die wirksame Umsetzung von Schutzmaßnahmen.
Umsetzung von Artenschutzmaßnahmen
Damit diese wertvolle Vorarbeit auch in der Praxis erste Früchte trägt, werden bereits im Rahmen von INNsieme einige modellhafte Artenschutzmaßnahmen direkt umgesetzt. Dazu zählen die Verbesserung der Durchgängigkeit von Seitenbächen für Fisch und Biber, Vegetationsrenaturierungen in ufernahen Bereichen oder die Verbesserung der Lebensbedingungen für Kiesbankbewohner.
Sensibilisierung und Umweltbildung
Weil die Akzeptanz von Arten- und Naturschutzmaßnahmen in der Bevölkerung direkt vom Wissen über den Inn, seine Besonderheiten, den bestehenden Nutzungsdruck und mögliche Handlungsoptionen abhängt, übernimmt die Umweltbildung im Rahmen des Projektes eine weitere Schlüsselfunktion. Durch die Organisation von öffentlichen Veranstaltungen am Inn, Fachexkursionen und Vorträgen für ausgewählte Zielgruppen, aber auch durch Projektunterricht für Schulklassen soll eine möglichst breite Sensibilisierung für die Bedeutsamkeit des Inn und eine Akzeptanz für damit verbundene Schutzmaßnahmen erreicht werden.
Öffentlichkeitsarbeit
Über die Umweltbildung hinaus wird das Projekt von einer umfassenden Öffentlichkeitsarbeit begleitet, die Austausch, Diskussion und Vernetzung zwischen verschiedenen Interessensgruppen, lokalen Akteuren und Gemeinden fördern soll.
Auf diese Weise wollen wir erreichen, dass der Inn bis zum Jahr 2030 wieder die Lebensader des Inntals wird – für Pflanzen, Tiere und Menschen.
Von der Idee zum Projekt
In allen drei Ländern entlang des Inn gibt und gab es seit über 25 Jahren Aktivitäten zum Artenschutz. Sowohl seitens der öffentlichen Verwaltung, als auch von Interessensvertretungen (wie Fischereiverbänden und Naturschutzorganisationen) liegen Studien über das Renaturierungspotenzial verschiedener Flussabschnitte vor. Was bislang fehlt, ist ein Gesamtkonzept für den Flussverlauf, dass auch die Durchgängigkeit und die geographische Abfolge der weitgehend punktuellen Maßnahmen ausreichend berücksichtigt.
Eine wesentliche Besonderheit des Inn liegt aber gerade in seinem grenzüberschreitenden Charakter, durch den er auf 517 km drei Länder und eine Vielzahl von Gemeinden miteinander verbindet. Den gesamten Alpenfluss von seinem Ursprung bis zur Quelle als ein einheitliches Ökosystem zu betrachten, ist auch deshalb notwendig, weil viele spezialisierte Arten am Inn auf seine Funktion als Wanderachse angewiesen sind, um zwischen verschiedenen Laichplätzen und Nahrungsrevieren zu wechseln. Um wirkungsvolle und nachhaltige Arten- und Naturschutzmaßnahmen am Inn umzusetzen, braucht es daher ein Gesamtkonzept für den Alpenfluss, das seine länderspezifischen Merkmale, das regional variierende Artenaufkommen und gebietsspezifische Herausforderungen berücksichtigt.
Zudem ist der Inn ein stark genutztes Gewässer, während das Inntal zu den am intensivsten belasteten Tälern der Alpen zählt. Von Hochwasserschutz, Tourismus und Naturschutz bis hin zu Energiewirtschaft, Landwirtschaft oder Sport treffen hier die verschiedensten Interessen aufeinander – und führen immer wieder zu Konflikten. Die mangelnde Abstimmung dieser kontroversen Nutzungsinteressen geht dabei nicht selten zu Lasten des Ökosystems und seiner beheimateten Arten. So werden beispielsweise Revitalisierungen für den Hochwasserschutz in der Praxis meistens nicht flächendeckend für ein gesamtes Gebiet, sondern nur punktuell geplant. Daran konnten auch die zahlreichen Projekte kaum etwas ändern, die bereits initiiert wurden, um den Inn als wertvolles Ökosystem zu schützen, weil sich bisherige Naturschutzmaßnahmen am Inn weitestgehend auf begrenzte Streckenabschnitte beschränkten.
„Flussdialog“ stellt Weichen für sektorenübergreifende Zusammenarbeit
Die Idee für ein länder- und sektorenübergreifendes Artenschutzprojekt am Inn gibt es schon lange. Wirklich konkret wurde diese aber erst im Jahr 2017 im Rahmen des „Flussdialoges Inn“, der als Austauschplattform für unterschiedlichste Interessensgruppen an dem Alpenfluss initiiert wurde. Ausführliche Informationen zum Flussdialog finden Sie hier!