Funktionen für Mensch und Tier

Lebensraum für seltene Arten

Einst war der Inn durch eine bemerkenswerte Artenvielfalt geprägt und hat vielen seltenen aber auch bedrohten Tieren und Pflanzen einen sicheren Lebensraum geboten. Zu ihnen zählt beispielsweise der Flussuferläufer, aber auch der Biber hat sich in den 70er Jahren von Bayer aus wieder bin ins Tiroler Oberland ausgebreitet.

Durch die zahlreichen menschlichen Eingriffe in das Ökosystem haben sich die Lebensbedingungen am Inn für viele Arten allerdings stark verändert. Davon ist vor allem die Fischpopulation betroffen, die am Inn heute stark rückläufig ist. Von den einst mehr als 30 verschiedenen Fischarten sind heute nur noch wenige wirklich regelmäßig anzutreffen. Besser ist es da um die Vogelfauna bestellt, die in verschiedenen Teilen des Inn mit mehr als 300 verschiedenen Arten vertreten ist. Doch insbesondere die ursprünglich am Inn verbreiteten Kiesbankbrüter, wie Flussuferläufer und Flussregenpfeifer, haben es durch die zunehmende Verbauung der Ufer heute immer schwerer, geeignete Brutplätze zu finden. Auch die Ufertamariske ist ein Strauchgewächs, das früher an Schotterbänken entlang der Alpenflüsse weit verbreitet war. Ihr Bestand ist durch die Flüsse-Verbauungen drastisch zurückgegangen, weshalb sie allgemein als gefährdet gilt. Trotzdem findet man letzte größere Bestände der Pflanze unter anderem in Österreich – zum Beispiel am Inn. Mit einem grenzüberschreitenden Artenschutzkonzept soll deshalb dazu beigetragen werden, dass sich das ökologische Gleichgewicht am Inn stabilisiert und wertvolle Lebensräume geschützt werden.

Schmetterling in der Milser Au © Elisabeth Soetz

Lieferant von sauberem Trinkwasser

Die Alpenregion besitzt einen Wasserreichtum, für den sie von vielen Staaten beneidet wird. Auwälder, Feuchtgebiete und Fließgewässer zählen hier zu den bedeutendsten Lebensräumen für die Biodiversität. Es geht aber auch um die Versorgung mit sauberem Trinkwasser aus Brunnen und Quellen. Passenderweise leitet sich der Name Inn von den keltischen Wörtern en sowie enios ab, die frei übersetzt nichts Anderes bedeuten als Wasser. So war der Inn in einer Urkunde aus dem Jahr 1338 auch noch mit dem Namen „Wasser“ eingetragen (C.H.Beck, 2006). Genau diese Namensgebung steht exemplarisch für die wertvollen Ökosystemdienstleistungen, die der Inn bis heute erfüllt. Dadurch wird er mit seinen Nebenflüssen zur Lebensader unserer Landschaften und Arten, Trinkwasserspeicher und Grundlage für die Land- und Energiewirtschaft. Das Wasser wird in den Bergen als Eis und Schnee gespeichert und im Frühling und Sommer in die Flüsse abgegeben. Dadurch werden Alpenflüsse zu wichtigen Frischwasserquellen für große Teile Europas, die nicht nur Trinkwasser liefern, sondern auch Haushalte und die Landwirtschaft versorgen.

Wasser am Inn © Lisa Reggentin

Der Wasservorrat in den Flüssen, aber auch die Verteilung der Niederschläge werden in Zukunft immer stärker vom Klimawandel beeinflusst. Denn die globale Erderwärmung lässt die Gletscher der Alpen immer schneller schmelzen, was sich negativ auf den Wasservorrat der Flüsse auswirkt. Je mehr diese Gletscherschmelze voranschreitet, desto größer ist das Risiko, dass die Flüsse gerade in den Sommermonaten, wo das Wasser am dringendsten benötigt wird, absinken oder sogar austrocknen. Für den Schutz von Alpenflüssen, wie dem Inn, ist deshalb auch ein wirkungsvoller Klimaschutz unabdingbar. Um die Erderwärmung zu stoppen, wird deshalb vor allem der Umstieg auf erneuerbare Energien forciert. Das hat den bereits massiven Ausbaudruck für Wasserkraft im Alpenraum zusätzlich verstärkt – was zugleich eine erhebliche Belastung für die zu schützenden Alpenflüsse bedeutet. Denn die Energieerzeugung aus Wasserkraft ist mit massiven Eingriffen in die natürlichen Fluss-Ökosysteme verbunden, die ihr ökologisches Gleichgewicht erheblich beeinflussen. Aus diesem Grund sollte der Klimaschutz stets im Einklang mit den Interessen des Naturschutzes umgesetzt werden.

Wasser des Inn © Anton Vorauer

Natürlicher Hochwasserschutz

Der Mensch empfindet sie als Bedrohung – für die Umwelt sind sie essentieller Bestandteil natürlicher Prozesse: Hochwasser. Sie formen Landschaften, verlagern Flüsse, und schaffen auf diese Weise neue Altwässer, Kies- und Sandbänke. Die Dynamik dieser Hoch- und auch Niedrigwasser im Laufe eines Jahres, genauso wie Überschwemmungen und selbst Jahrhunderthochwasser, gehören zu den Grundvoraussetzungen für natürliche Flüsse und ihre Auen. Insbesondere Fluss-Auen sind in ihrer Größe und Besonderheit von natürlichen Überschwemmungen abhängig – genauso wie die Tiere und Pflanzen, die in flussnahen Habitaten vorkommen. Dazu gehören Gewässerorganismen, wie Jungtiere von Fischen, Muscheln oder Insekten, die im Sand und Kies unter der Flusssohle leben. Diese Sohlen werden regelmäßig von Hochwassern gespült und verhindern dadurch, dass feine Sedimente ihren Lebensraum verstopfen. Sie sind aber auch für die an die Strömung angepasste Tier-und Pflanzenwelt existenziell. Sie beseitigen Wasserpflanzen oder schwemmen neue an und gestalten Strukturvielfalt. Auf diese Weise schaffen sie immer wieder neues Leben und gehören zur natürlichen Dynamik von Fließgewässern.

Das kommt nicht zuletzt auch dem Menschen zu Gute – zumindest, solang die Flüsse nicht eingeengt oder verbaut sind. Denn sofern Flüsse oberhalb von Siedlungen den nötigen Platz haben, um sich auszubreiten, können Hochwasserwellen einfach an die umliegenden Flächen und Auen abgegeben werden, wodurch sie die Siedlungen in Ufernähe gar nicht erst erreichen. Auf diese Weise bieten intakte Flüsse automatisch auch einen natürlichen und damit ökologischen Hochwasserschutz. Im Umkehrschluss bedeutet das, dass eine zu starke Verbauung der Flüsse und ein weiterer Siedlungsdruck das Risiko für Überschwemmungen von Häusern und Infrastrukturen erhöht, das sich angesichts der zu erwartenden Effekte durch die Klimaerwärmung zusätzlich verstärken wird. Die Förderung eines ökologischen Hochwasserschutzes kommt deshalb nicht nur den Flüssen, Auen und ihren Bewohnern zu Gute, sondern auch dem Menschen.

Silzer Innauen © Anton Vorauer

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